Der Sonntag zum Erntedankfest passte auch symbolisch zum dankbaren Abschied: In der Ingelheimer Gustav-Adolf-Kirche wurde Pfarrerin Petra Lohmann nach fast drei Jahrzehnten segensreichen Wirkens in den Ruhestand verabschiedet. Vom 1. Juni 1996 an hatte sie das Gemeindeleben geprägt, begleitet und gestaltet – mit Herz, Kraft und Besonnenheit.
Das Motto, das sie für diesen Tag gewählt hatte, stammt aus dem 2. Timotheus-Brief: „Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ Ein Bibelvers, der vieles zusammenfasst, was ihr Wirken kennzeichnete und was im Gottesdienst mit Empfang spürbar wurde: Dankbarkeit für all das, was gewachsen ist.
Den festlichen Gottesdienst gestaltete die Pfarrerin gemeinsam mit Dekan Olliver Zobel und Pröpstin Henriette Crüwell. Sie erinnerte an Petra Lohmanns Werdegang: Jahrgang 1962, war sie in Wiesbaden aufgewachsen und schon früh fasziniert von Fragen des Glaubens. Ihr Theologiestudium in Mainz und das Vikariat bei Lehrpfarrer Wolfgang Drewello bereiteten sie auf Aufgaben vor, die sie mit großem Einsatz erfüllte, als Gemeindepfarrerin und zugleich als Seelsorgerin und Mitgestalterin des sozialen und kirchlichen Lebens im Stadtteil. Dekan Zobel würdigte sie als engagierte Pfarrerin mit Blick für Menschen aller Generationen. „Gemeinde, das sind wir alle“, habe sie stets betont, und viele dazu ermutigt, ihre Stärken und Talente einzubringen. Das Gemeindeleben sei auch durch sie sehr vielfältig geworden.
In ihrer eigenen Rückschau griff Petra Lohmann das Gleichnis vom Sämann auf, das als Bild auch im Kirchenfenster der Gustav-Adolf-Kirche zu sehen ist. Es erzählt vom Vertrauen, dass Saat reichlich aufgehen kann, wenn man sie mit Liebe und Geduld aussäht. Sie sprach von der Offenheit, mit der sie gut drei Jahrzehnte zuvor als junge Pfarrerin empfangen wurde. Von Kindern im Religionsunterricht, von Konfirmandinnen und Konfirmanden, von Gesprächen über den Sinn des Lebens. „Glaube gehört in unseren Alltag“, betonte sie. Er lebe auch davon, miteinander zu teilen, sei es das Frühstück in der Schule oder Schönes und Schweres im Leben.
Ihre Arbeit, so Lohmann, sei geprägt gewesen von Mitmenschlichkeit und dem Vertrauen, dass auch kleine Gesten große Wirkung und einen Unterschied machen können. Ihr Dank galt daher allen, die über die Jahre zu Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern wurden, auch in Zeiten mit Herausforderungen und besonderen Aufgaben, ob Baumaßnahmen, Restaurierung der Orgel, Erneuerung der Heizung oder Sanierung des Gemeindehauses. Sie sprach von Momenten mit Herzklopfen – etwa vor schwierigen Seelsorgegesprächen, und dachte zurück an Kirchenasyl, das Schutz und Zuflucht schenkte. Zur Corona-Zeit, als Nähe nur auf Abstand möglich war, wurden Gottesdienste auch auf andere Weise gefeiert. Zur Reduzierung ihrer Pfarrstelle 2023 auf eine halbe Stelle habe sie das Beste daraus gemacht, gemeinsam mit vielen Engagierten in der Gemeinde, die noch mehr Verantwortung und vielfältige Aufgaben übernahmen. Ihr Fleiß, ihr unermüdliches Engagement, ihre zündenden Ideen hätten das Gemeindeleben bereichert, betonte Hans-Werner Klose. Er sprach für den Kirchenvorstand und brachte Wertschätzung zum Ausdruck: „Eine bessere Pfarrerin hätten wir uns nicht wünschen können.“ Petra Lohmann sei eine verlässliche Chefin, eine einfühlsame Seelsorgerin und eine Frau voller Ideen gewesen. Er erinnerte an gemeinsam geplante und gestaltete Feste – etwa zum hundertjährigen Bestehen der Gemeinde – und an schöne Begegnungen, ob im Alltag oder zu besonderen Anlässen.
Auch ihre Freude am Singen und ihr Humor kamen zur Sprache: Als Büttenrednerin war sie selbst auf der närrischen Bühne aktiv und wurde nun vom örtlichen Karnevalsverein sogar zum Ehrenmitglied ernannt. Auch beim anschließenden Empfang zeigte sich, was gewachsen ist: Dankbarkeit und Nähe. Viele überreichten Geschenke, auch ein eigens gedichtetes Lied wurde vorgetragen. An einem Gemeinschaftswerk, einer großen Patchwork-Decke, hatten sich viele Gruppen und Einzelpersonen beteiligt. Diese Decke, gefüllt mit schönen Erinnerungen, werde sie künftig begleiten, sagte Petra Lohmann, „ob auf dem Sofa oder unterwegs im Wohnmobil“.
Mit Wehmut, doch auch mit Zuversicht verabschiedete sie sich: Die Kirche bleibe ihr Zuhause und die Menschen in der Gemeinde Teil ihrer erweiterten Familie. Freundschaften gingen nicht in Rente. In ihren neuen Lebensabschnitt startet Petra Lohmann mit einer mehrwöchigen Fahrt. Für die Zeit danach hat sie noch keine festen Pläne. Sie freut sich auf Zeit zum Reisen, auf freie Tage ohne Kalender – und darauf, gemeinsam mit ihrem Mann neue Wege zu entdecken.
Bis zur Neubesetzung (für Anfang 2026 geplant) übernimmt Pfarrerin Jessica Grünenwald die Vakanz-Vertretung in der Gustav-Adolf-Gemeinde und in der Versöhnungskirchengemeinde.